VP I Supraleitung

 

Verantwortlich: Dr. H.P. Lang, Büro 3.23, int. Tel. 73769.



Motivation:

Der verlustfreie Transport von Strom in einem Leiter fasziniert die Wissenschaftler schon seit Beginn des Jahrhunderts. 1911 fand Kamerlingh Onnes bei der Untersuchung der Fragestellung, wie sich der elektrische Widerstand von elektrischen Leitern bei tiefen Temperaturen verhält, das Phänomen der Supraleitung an Quecksilber bei 4.2 Kelvin. Im Laufe der Zeit wurden weitere Verbindungen gefunden, die Supraleitung zeigten unterhalb von 23 K. 1986 stellten Bednorz und Müller vom IBM Forschungslaboratorium in Rüschlikon eine neue Keramik (La-Ba-Cu-O) vor, welche Supraleitung schon bei 35 K supraleitend war. Für diese Forschungsresultate erhielten sie 1987 den Nobelpreis für Physik. Bald wurden andere Keramiken gefunden, welche schon oberhalb der Siedetemperatur von flüssigem Stickstoff supraleitend sind. In diesem VP Versuch wird eine solche Keramik aus Y-Ba-Cu-O hergestellt und charakterisiert.


Ziel:

Nach Abschluss dieses Versuchs soll der Student/die Studentin:

  1. mit dem Herstellungsverfahren von Hochtemperatursupraleitern vertraut sein,

  2. die zwei wichtigsten Nachweisverfahren für die Anwesenheit von Supraleitung verstanden und selbst durchgeführt haben.


Literatur:

(vor dem Versuch studieren):

  1. W. Buckel: Supraleitung. Physik Verlag. (PDF File, 3185 kB).

    1. Einleitung.

    2. Kapitel 1, einige Grundtatsachen.

    3. Kapitel 2, Der supraleitende Zustand, Abschnitt 2.1.

    4. Kapitel 5, Supraleiter im Magnetfeld, Einleitung + Abschnitt 5.1.

    5. Kapitel 6, Supraleiter 2.Art, Abschnitt 6.2.

    6. Kapitel 8, Die neuen Supraleiter, Abschnitte 8.7.4.

  2. W.K. Wu et al., Superconductivity at 93 K in a New Mixed-Phase Y-Ba-Cu-O compound System at Ambient Pressure Phys. Rev. Lett 58 (1987) 908.

  3. R.J. Cava et al., Bulk superconductivity at 91 K in single-phase oxygen deficient Ba-Y-Cu-O, Phys. Rev. Lett 58 (1987 1676.

Material:

    1. Chemikalien: Y2O3, BaCO3 und CuO

    2. Al2O3 Tiegel

    3. Mörser, Presse und Ofen im 3.19

    4. Dewargefäss für flüssigen Stickstoff

    5. Widerstands-Messapparatur

    6. x-y-Schreiber

    7. höhenverstellbarer Tisch


Versuchsablauf:

  1. 1.) Herstellung des 93 K Supraleiters YBa2Cu3O7-x.

  2. 2.) Durchführen des Schwebe-Experiments.

  3. 3.) Messung des elektrischen Widerstands als Funktion der Temperatur.


zu 1.)

a) Vorbereiten des Ausgangsmaterials:

  1. Bereitstellen der Ausgangsmaterialien Y2O3, BaCO3 und CuO.

    1. BaCO3 (Mr = 197.37 g/mol)

    2. CuO (Mr = 79.54 g/mol)

    3. Y2O3 (Mr = 225.82 g/mol)

    4. YBa2Cu3O7-x (Mr = 666 g/mol)

  2. Bestimmen der Einwägemassen für Metallionenverhältnis Y:Ba:Cu = 1:2:3.

  3. Einwägen der Ausgangsmaterialien.

  4. Mischen der Ausgangsmaterialien im Handmörser.

VORSICHT: Direkten Kontakt mit den Chemikalien vermeiden. Spezielle Hinweise zum Umgang mit den Chemikalien.

b) Herstellen des Supraleiters:

  1. Vorreaktion der Ausgangsmaterialien im Ofen.

  2. Mörsern der entstandenen Verbindung.

  3. Pressen von Pillen.

  4. Abschliessende Wärmebehandlung der Pillen.


zu 2.)

  1. a) Abkühlen der Pille auf 77 K, plazieren im inhomogenen Magnetfeld (Induktion von Dauerströmen).

  2. b) Plazieren der Pille in inhomogenen Magnetfeld, Abkühlen auf 77 K (Meissner-Ochsenfeld Effekt).


zu 3.)

  1. a) Befestigen von vier Kontakten auf der Probe.

  2. b) Messung der elektrischen Widerstandes während des Abkühlens bzw. Erwärmens.


Erläuterungen zum Versuch:

zu 1): Herstellung des Supraleiters YBa2Cu3O7-x:

Die entsprechenden Mengen der Ausgangspulver Y2O3, BaCO3 und CuO werden zusammengeschüttet und mit dem Handmörser gut vermischt (total ca. 5g). Das so gewonnene Ausgangspulvergemisch wird während 12 Stunden im Ofen in einem Aluminiumoxid-Tiegel bei einer Temperatur von 950°C vorreagiert (Achtung: maximale Aufheizrate 100°C/h bis 400°C, um zu grosse thermische Spannungen im Tiegelmaterial zu vermeiden). Bei dieser Wärmebehandlung findet die folgende Festkörperreaktion statt:

a Y2O3 + BaCO3 + c CuO -> YBa2Cu3O7-x + d CO2

Das Abkühlen erfolgt ungeregelt im Ofen (Ofen ausschalten). Anschliessend wird das nun zusammengebackene Pulver im Handmörser wieder homogenisiert und in der Presse zu Pillen verarbeitet. Diese Pillen werden nochmals 12 Stunden bei 950°C im Ofen unter Sauerstoffdurchfluss gesintert, damit die Festkörperreaktion noch vollständig ablaufen kann und sich beim Abkühlen die richtige Struktur für die supraleitende Phase ausbilden kann. Bei 950°C hat die Pille eine tetragonale, nicht supraleitende Struktur; diese wandelt sich beim Abkühlen in eine orthorhombische, supraleitende Struktur um.


zu 2): Durchführen des Schwebe-Experiments:

Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, einen Supraleiter zum Schweben zu bringen:

  1. Man kühlt den Supraleiter unter Tc ab und bringt ihn dann in ein magnetisches Feld. Es werden Dauerströme induziert, die das Magnetfeld aus dem Innern des Supraleiters verdrängen und ihn so zum Schweben bringen. Dieser Effekt ist mit der Eigenschaft eines verschwindenden elektrischen Widerstandes identisch.

  2. Man bringt den Supraleiter in ein magnetisches Feld und kühlt ihn unter Tc ab. Der Supraleiter erhebt sich von der Unterlage und beginnt zu schweben. Diesen Effekt nennt man den Meissner-Ochsenfeld-Effekt. Er hat nichts mit dem Verschwinden des elektrischen Widerstandes zu tun, sondern ist die zweite, von R=0 unabhängige Eigenschaft, die einen Supraleiter kennzeichnet.


zu 3): Messung des elektrischen Widerstandes:

Nachdem an der supraleitenden Pille der Meissner-Ochsenfeld-Effekt überprüft worden ist, wird sie auf dem Probenhalter befestigt und mit vier Kupf erdrähten kontaktiert (durch Anbringen von Leitsilber; gute Kontaktierung ergibt einen Widerstand von 5-50 Milliohm). Durch langsames Absenken von Probenhalter und Probe in den Stickstoffdewar wird die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes mit dem x-y-Schreiber aufgezeichnet. Es soll beim Abkühlen und beim Aufwärmen eine Kurve aufgenommen werden.


Frage: Wodurch sind die Unterschiede zwischen Abkühl- und Aufwärmkurve bedingt ?

Die Temperatur wird mit einem Pt-100 Thermoelement erfasst. Zur Interpolation der Datenwerte liegt die Eichabelle auch als ASCII Text vor.


Eichtabelle (PT-100)



Auswertung von Tc(R=0), Tc(onset) und der Uebergangsbreite dTc nach folgendem Schema:



Tips:

Schreibereinstellungen:

  1. Chart: SPAN 1-2mV/cm, cal, ZERO: 0%, Length: -17.5 cm (Uebersichtsmessung).

  2. Channel 1: SPAN: 0.05 - 0.08 V/cm, ZERO: 0%

  3. Bei Kontaktierung der Probe (Pellet) mit Leitsilber darauf achten, dass die Platindrähtchen schon von alleine mechanisch stabil auf dem Pellet aufliegen.

  4. Am besten wird die Tc Kurve, wenn die kontaktierte Probe zuerst völlig in den flüssigen Stickstoff eingetaucht wird. Danach einfach den flüssigen Stickstoff verdampfen lassen (Probe und Temperaturfühler sind dann möglichst gut im thermischen Gleichgewicht).

  5. Für genauere Bestimmung von Tc kleinere Bereiche in T wählen und ZERO ggf. verschieben.


  1. email: hans-peter.lang@unibas.ch

  2. phone: +41 61 267 3769

  3. fax: +41 61 267 3784

  4. Institut für Physik, Klingelbergstr. 82, CH-4056 Basel


H.P. Lang, 2.8.97 / 8.8.97 / 12.3.98 / 4.2.00 / 11.2.00 / 25.8.09